Ein Plädoyer fürs Langsam sein

Ein Plädoyer fürs Langsam sein

Ganz still und heimlich geht ein weiteres Jahr zu Ende. Gerade weil mit 2020 bald sogar ein neues Jahrzehnt beginnt, bin ich im Moment richtig in der Stimmung, die letzten 10 Jahre Revue passieren zu lassen. Ich mache mir Gedanken darüber, was gut gelaufen ist und was ich im nächsten Jahr (und Jahrzehnt) noch verbessern kann.

Mein wichtigster Vorsatz für 2019 war: häufiger einfach langsam zu sein!

Wenn ich eines dieses Jahr gelernt habe, dann ist es, dass es so so so (!) wichtig ist, sich Zeit zu geben um einfach mal durchzuatmen, sich fallen zu lassen und Ruhe einkehren zu lassen. Und das nicht nur, wenn man nach einem langen Arbeitstag ins Bett fällt, sondern immer wieder über den Tag verteilt. Es geht dabei natürlich nicht darum, in vollkommene Lethargie zu verfallen und einfach NICHTS mehr zu tun. Die Termine im Kalender verschwinden nicht plötzlich, wenn wir beschließen langsam zu sein und der Tag hält weiterhin Dinge für uns bereit, die wir bewältigen müssen.

Du brauchst keine Sorge zu haben, auf einmal nichts mehr gebacken zu bekommen, wenn du langsam machst. Im Gegenteil: ich habe sogar die Erfahrung gemacht, dass ich mehr erreichen kann, wenn ich langsamer mache. Klingt erstmal komisch, aber wenn man sich langsam und konzentriert einer einzigen Sache widmet, passieren weniger Fehler, man ist viel effizienter und fühlt sich weniger ausgelaugt am Ende des Tages. Man hat viel mehr Energie und Kreativität für die Herausforderungen des Alltags zur Verfügung. Und man fühlt sich einfach viel besser und befreiter dabei – und irgendwie mehr im Reinen mit sich selbst!

Warum langsam sein, wenn es auch schnell geht?

In der Zeit, in der wir gerade leben ist es (leider!) das Statussymbol überhaupt, einen vollgepackten Kalender zu haben, von Termin zu Termin zu eilen, ultraproduktiv zu sein, so viele Dinge wie nur möglich zu erledigen und dauernd busy zu sein. Und das im besten Fall noch viel mehr als andere, wenn man wirklich etwas „erreichen“ möchte. Wenn nicht, was dann?

Dann arbeitet man nicht genug? Ist man faul? Schafft es nie, seine Ziele zu erreichen? Kann man nicht mehr mithalten? Hat keinen Wert für die Gesellschaft? Ist man nicht genug?!

Ich bin über die Jahre ziemlich erfolgreich darin geworden, mich zu stressen. Nach einem super vollen Tag hatte ich am Ende viel zu oft das Gefühl, nichts erreicht zu haben, zu wenig getan zu haben und immer hinterher zu sein. Wenn man den nächsten Morgen schon mit diesen Gefühlen startet, ist man schnell im Hamsterrad gefangen. Man hat das Gefühl immer mehr tun zu müssen, immer weniger hinterherzukommen und, dass die Zeit förmlich wegrennt.

Selbst wenn dieses eklige, pulsierende, knotige Gefühl in der Magen-Gegend auftaucht und der Stress durch die Adern schießt, schaffen es viele nicht sich zu bremsen. Bis der Körper irgendwann sagt, dass es genug ist. Dauerstress, wie es heute leider überall verbreitet ist, ist nicht gesund, raubt uns den Schlaf und verkürzt unsere Lebenszeit. Wie verrückt ist es denn, sich von Termin zu Termin zu hetzen und keine Zeit mehr für sich selbst zu haben, um davon am Ende krank zu werden und unsere Zeit hier auf der Erde noch zu verkürzen? So möchte ich mein Leben und meine Zukunft definitiv nicht gestalten.

Warum sind wir so selten langsam, wenn das vielleicht die Lösung ist, dem Stress zu entkommen?

Weil wir es uns nicht erlauben können? Haben wir Angst was passiert, wenn alles um uns herum still ist? Wenn es nichts mehr zu tun und zu sagen gibt und die Zeit langsamer läuft?

Für viele ist es sicher ersteinmal eine Herausforderung, mit sich selbst klarzukommen, wenn man mehr Ruhe einkehren lässt. Geht man auf dieses Experiment ein, muss man ein kleines bisschen Mut aufbringen und offen sein, für das was kommt! 😉

Vielleicht ploppen Gedanken auf, die man seit langer Zeit verdrängt hat. Vielleicht kommt ein Gefühl der Traurigkeit und der Leere. Oder eine große Erleichterung. Vielleicht auch ein mächtiger Schub neuer Energie, Motivation, Kreativität und eine völlig neue Perspektive. Auf jeden Fall kann man mal wieder in sich hineinhören und wird an seine Ziele, Träume, Bedürfnisse und Wünsche erinnert. Man wird endlich mal wieder merken, wer man unter all diesen Schichten des Dauer-Tuns wirklich Ist.

Wie man im Alltag langsam sein kann

  • Genug Schlaf bekommen (jeden Tag!)
  • Das Stressgefühl einfach mal wahrnehmen
  • Die Hände auf den Bauch legen, 3 bewusste, tiefe Atemzüge nehmen und den Herzschlag beruhigen
  • Das Wort „Stress“ radikal aus dem Wortschatz streichen 😉
  • Zuhören statt reden
  • Mit mehr Intention und voller Präsenz im Augenblick verweilen und den Personen und Dingen drumherum die volle Aufmerksamkeit schenken
  • Das Gedankenkarussell anhalten und einfach nur hier sein
  • Jede Stunde einen Timer stellen, um nicht zu vergessen immer wieder kurz innezuhalten
  • sich feste Punkte im Alltag suchen, an denen man immer wieder für einen Augenblick zur Ruhe kommt, z.B. bevor man das Haus verlässt, wenn man ins Auto einsteigt, vor einer Mahlzeit oder beim Zähneputzen oder Duschen
  • Mehr Minimalismus in den Alltag bringen
  • Meditieren oder Yoga machen
  • mehr ruhige Tätigkeiten in den Tag integrieren, wie z.B. Backen, Handarbeit, Spazieren gehen oder Schreiben

Ich jedenfalls möchte nicht mehr beim Trend zum Leben im Schnelldurchlauf mitmachen, sondern bewusster und mit mehr Ruhe und Gelassenheit die schönen Dinge um mich wahrnehmen und mich an ihnen erfreuen. Hab eine schöne Zeit,

deine Jane.

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